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Pressemitteilung: Der See Gennesaret. Neue Forschungen in der Heimat Jesu

Stuttgart – Viele Details, die die Archäologie in den vergangenen Jahren zutage gefördert hat, verändern das Gesamtbild der Geschichte Galiläas, der Heimat Jesu Christi. Zwölf Autorinnen und Autoren geben in der Zeitschrift Welt und Umwelt der Bibel einen Überblick über die Forschungen rund um das »Galiläische Meer«.

Als besondere Beilage zum Heft wurde ein Landkarte im DIN A2-Format entwickelt, die 200 wichtige Orte rund um den See mit farblicher Kennzeichnung der jeweiligen Epoche enthält.

Einen kompakten Abriss über die Zeit bis zum vierten vorchristlichen Jahrhundert liefert der Mainzer Professor für Biblische Archäologie Wolfgang Zwickel. Demnach war die Gegend dünn besiedelt, viele Orte blieben nicht dauerhaft bewohnt. Die Phase des Bevölkerungszuwachses seit dem 1. vorchristlichen Jahrhundert beschreibt Jürgen Zangenberg, Professor für Geschichte und Kultur des Antiken Judentums und Frühen Christentums an der Universität Leiden (NL). Er geht auf die sich wandelnde jüdische Kultur ein, die materiell zum Beispiel durch Tauchbäder (Mikwen) oder den Bau von Synagogen greifbar wird, beschreibt sprachliche, politische, wirtschaftliche und siedlungsgeografische Gegebenheiten der Lebenswelt Jesu. Das Ostufer des Sees Gennesaret gehörte politisch nicht zu Galiläa, sondern zum Gebiet der »Zehn Städte« griechisch-römischer Prägung (Dekapolis). Achim Lichtenberger, Professor für Klassische Archäologie in Münster, gibt Einblicke in die historische Lebenswelt, besonders die der beiden prächtigen Städte Hippos und Gadara, die dem See am nächsten lagen, und ihre Verbindungen zur anderen Seite des Sees. Über die Ausgrabungen in Hippos, das sich in byzantinischer Zeit zu einer Bischofsstadt mit sieben Kirchen entwickelt hat, berichtet der Leiter der archäologischen Abteilung der Univer-sität Haifa, Michael Eisenberg. Die Stadt wurde 749 durch ein Erdbeben zerstört und nie wieder aufgebaut.

Ein jahrzehntelanger Streit geht um die Lokalisierung des Heimatortes der ersten Jünger Jesu, Betsaida. Nach dem Stand der jüngsten Ausgrabungen ist ein Ort sehr wahrscheinlich, nämlich El-Araj nahe der Mündung des Jordan in den See, schreiben der Archäologe Mordechai Aviam vom Kinneret College und der Neutestamentler Steven Notley aus New York in ihrer Zusammenfassung der Ausgrabungsergebnisse. Der Frage, warum Galiläa so wichtig ist für die Jesusbewegung, geht der Neutestamentler Markus Tiwald, Professor an der Universität Wien, nach. Dabei wertet er die neutestamentlichen Quellen im Blick auf die neueren archäologischen und zeitgeschichtlichen Erkenntnisse aus. In der Darstellung der Evangelien, die die aufblühenden Städte Galiläas nicht erwähnen, sieht er ein klares Programm, nämlich die Option für die Armen und Gescheiterten, und zugleich den Entwurf einer neuen friedvollen Lebenswelt der Kinder Gottes.

Über Frauen sagen die schriftlichen und archäologischen Quellen meist nur indirekt etwas aus. Die Alttestamentlerin Johanna Erzberger, Lehrstuhlinhaberin Theologisches Studienjahr Jerusalem, filtert in ihrem Beitrag heraus, wo Frauen namenlos mit dabei sind und wo sie, zum Beispiel als Nachfolgerinnen Jesu, auch explizit vorkommen. Ein Ort am See, an dem sich viel getan hat, ist Magdala. Die Archäologin Anna Lena, Teil-nehmerin an den franziskanischen Ausgrabungen dort, fasst die wichtigsten Ergebnisse dieses Projektes zusammen. Jürgen Zangenberg ergänzt diesen Bericht um die weiteren Funde in Magdala durch die mexikanischen Ausgrabungen. Und Katrin Brockmöller, Direktorin des Katholischen Bibelwerks e.V., stellt hinsichtlich des neuen Pilgerzentrums der »Legionäre Christi« in Magdala kritische Fragen an das Bildprogramm und die Architektur des Zentrums.

Die römisch geprägte Stadt Tiberias ist nach der Zerstörung Jerusalems zu einem Zentrum für die Bewahrung der jüdischen Überlieferung geworden. Es gab dort eine jüdische Akade-mie, dort wurde die Mischna zusammengestellt, eine Zusammenfassung der mündlichen Lehre, und der Jerusalemer Talmud, eine Weiterführung der Mischna, vollendet. Stefan Schreiner, Seniorprofessor für Religionswissenschaft an der Universität Tübingen, fasst in seinem Beitrag die Bedeutung der Stadt für das Judentum zusammen. Zum Zusammentreffen der drei Weltreligionen am See in islamischer Zeit und über die Ausgrabungsgeschichte muslimischer Stätten dort gibt Hans-Peter Kuhnen, Professor am Institut für Altertumswissenschaften der Universität Mainz, einen Überblick. In einem weiteren Beitrag beschreibt er die römischen Thermalbäder am See und ihre bis in 9. nachchristliche Jahrhundert währende Nutzung. Und wie das Zusammentreffen von einheimischer Lebenswelt, religiös erwartungsvoller Pil-ger und ganz weltlicher Touristen heute aussieht, skizziert die Diözesanbeauftragte für Biblische Bildung im Bistum Osnabrück und Reiseleiterin Uta Zwingenberger im abschließenden Beitrag des Themenheftes.

AUTOR PRESSEINFORMATION: JÜRGEN SIMON

TEXTLÄNGE (OHNE ÜBERSCHRIFT): 4870 ZEICHEN

BIBLIOGRAFISCHER HINWEIS: Welt und Umwelt der Bibel Heft 1/2021, »Der See Gennesaret« ist im Zeitschriftenfachhandel erhältlich und einzeln sowie als Abonnement direkt bei: Katholisches Bibelwerk e.V. Postfach 150 365, 70076 Stuttgart E-Mail: bibelinfo@bibelwerk.de Tel. 0711 619 20-50, Fax -77