Jesus im heutigen Gebiet der Hisbollah

(Stuttgart, 30.07.2024) Der heutige Südlibanon wird von der Hisbollah kontrolliert. Besonders seit dem tödlichen Raketeneinschlag im drusischen Golan-Dorf Madschdal Schams fokussiert sich der internationale Blick auf die Grenzregion und einen drohenden erneuten Krieg. Im Neuen Testament wird der Südlibanon als „die Gegend von Tyrus und Sidon“ benannt. Immer wieder „zog sich Jesus hierher zurück“, wie die Evangelien formulieren. Eine außergewöhnliche Heilung, die hier lokalisiert wird, erhält plötzlich eine aktuelle Botschaft.

Fast täglich feuern Hisbollah-Milizen aus dem Südlibanon Raketen auf Nordisrael ab und die israelische Armee bombardiert deren Stellungen in Dörfern, aus denen die Bevölkerung flieht. Wie stark biblische Traditionen in dieses Gebiet des Libanon hineinreichen, ist oft wenig bewusst, wie die neue Ausgabe des Magazins Welt und Umwelt der Bibel darstellt („Libanon: Im Land der biblischen Zedern“, 3/2024). Die libanesische Hafenstadt Tyrus liegt nur 50 km Luftlinie vom See Gennesaret entfernt. Die Formulierung, dass Jesus sich in das Gebiet von Tyrus und Sidon zurückzog, geht auch der sogenannten Heilung der Tochter der Syrophönizierin voraus. Die Frau ist laut Markusevangelium „Hellenin“, also griechischen Glaubens. Sie bittet Jesus, ihre Tochter zu heilen. Doch erst nach einem irritierenden Wortwechsel kommt Jesus ihrer intensiven Bitte nach. Die Frau muss ihn zuvor daran erinnern, dass Gottes Heil für alle da ist, ohne Konkurrenz und unerheblich, welcher Herkunft und Glaubenstradition jemand entstammt. Sie belehrt ihn, dass es keine Beschränkung des göttlichen Heils gibt. In der Exegese werden solche prophetischen stimmen aus anderen Völkern als “Fremdprophetie” bezeichnet. Bemerkenswert ist, dass Jesus hier seine Meinung ändert und sich auf einen Gedankenanstoß von außen einlässt. Die Idee des universellen und grenzenlosen Heils, für das der eine Gott steht, aus dem Mund der weitblickenden Frau bildet einen schmerzhaften Hintergrund für die aktuelle Situation im Südlibanon.

Mutter und Tochter erhalten im Nachhinein, in Schriften aus dem 3. Jahrhundert, die Namen Justa und Berenike. Im 4. Jh. berichtet die Ordensfrau Melania die Ältere, dass sie das Haus der Syrophönizierin in Sidon besucht habe. Es muss damals bei Pilgern eine beliebte Station gewesen sein. Und die Erinnerung an sie lebt bis heute: In der Altstadt von Sidon befindet ein „Platz der kanaanäischen Frau“ (Sâ'et el-Kan'âniyet), was auf die Bezeichnung der Frau als Kanaanäerin im Matthäusevangelium anspielt.

Die Ausgabe „Libanon – Land der biblischen Zedern“ bietet einen umfassenden Überblick über die Geschichte des Libanon. Sie macht die Entwicklung hin zum heutigen religiösen Proporz-System, in dem die religiösen Gruppierungen Sunniten, Schiiten, Christen und Drusen anteilig in Staatsämtern und Parlament vertreten sein sollen, verständlich – ein System, dass sich zunehmend dysfunktional erweist. Im Interview schildert der Beiruter Theologieprofessor George Sabra (Near East School of Theology) die katastrophale politische, wirtschaftliche und soziale Situation des Landes und gibt einen Einblick in den schwierigen Alltag der Bevölkerung. Neben den alt- und neutestamentlichen Erzählungen im Libanon stellen Beiträge die Entwicklung der christlichen Kirchen, insbesondere der Maronitischen Kirche, dar.

Der Inhalt von „Libanon: Im Land der biblischen Zedern“:

Bernard Heyberger
Der Libanon – Zufluchtsort und Knotenpunkt
Ein historisches Panorama 

Joseph Moukarzel
Was für ein Paradies!
Der Libanon im Alten Testament 

Cedrus libani
Wie die Libanonzeder verschwand 

Anna Lauer
Humbaba, der gruselige Hüter des Zedernwalds
Der Libanon und das Gilgamesch-Epos 

Anna Elise Zernecke
Kunsthandwerker, Händler und Meister des Alphabets
Was man über die „Phönizier“ wissen kann

Frédéric Alpi
„… er zog sich in das Gebiet von Tyrus und Sidon zurück“
Auf den Spuren Jesu durch den Libanon 

Karl Pinggéra
Christentum im Land der Zedern
Die Maronitische Kirche 

Karl Pinggéra
Ein Haus mit vielen Wohnungen
Die christlichen Kirchen im konfessionellen System des Libanon 

Karl Pinggéra
Das „heilige Tal“
Wadi Qadischa – Wiege des maronitschen Mönchtums 

Charbel Nassiv
Hoch geachtet und verehrt
Die Heiligen des Libanon 

Karl Pinggéra
Die Drusen
Hintergründe und Geschichte

Interview
„… wie man Krisen bestehen kann“
Ein Gespräch mit dem Beiruter Theologen George Sabra

Welt und Umwelt der Bibel – Archäologie, Kunst, Geschichte erscheint seit über 25 Jahren im Katholischen Bibelwerk e.V., in Kooperation mit dem französischen Magazin „Le Monde de la Bible“ (Bayard Presse). Forschende aus den Feldern Theologie, Archäologie, Kunst, Judaistik, Islamwissenschaft, Ägyptologie und Orientalistik berichten über Kultur, Religion und Geschichte der biblischen Länder. Damit ist das Magazin international, ökumenisch und interdisziplinär aufgestellt. Jede Ausgabe umfasst aktuelle archäologische Meldungen und Forschungen, Ausstellungs- und Veranstaltungstermine sowie Literaturtipps. 

• Weitere Informationen:

Libanon - Im Land der biblischen Zedern 
Welt und Umwelt der Bibel 3/24 (Nr. 113) , 80 S., € 12,80, 
ISBN 978-3-948219- 60-4
www.weltundumweltderbibel.de

 

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