Das Buch der Weisheit

Das Weisheitsbuch liegt nicht in hebräischer Sprache vor und wurde auch nicht vom Hebräischen ins Griechische übersetzt. Es wurde ursprünglich in der griechischen Sprache verfasst und findet sich daher in der griechischen Fassung des Alten Testaments (Septuaginta). Hier trägt es auch den Titel „Weisheit Salomos“. In späterer Zeit wurde die Verfasserschaft König Salomos angezweifelt, so dass z.B. in der lateinischen Fassung des Alten Testaments (Vulgata) die Überschrift „Buch der Weisheit“ lautet.

Aufbau

Das Weisheitsbuch ist in Anlehnung an die griechisch-hellenistische Literatur als eine Lehr- und Mahnrede im Stil einer Werbeschrift verfasst.
Diese Werbeschrift besteht aus drei Teilen:

Weish 1,1-6,21    (Einladung zu einem Leben in Gerechtigkeit)
Weish 6,22-11,1   (Lobrede auf die Weisheit)
Weish 11,2-19,22 (Rettungsgeschichte Israels anhand von Exodus und Wüstenwanderung)

Entstehung

In der heutigen Forschung geht man von der Einheitlichkeit des Weisheitsbuchs (ein Verfasser) aus. Auch wenn nähere Angaben im Weisheitsbuch und außerhalb des Weisheitsbuchs über den Verfasser fehlen, so muss er ein gebildeter Jude gewesen sein, der sich nicht nur in der alttestamentlich-jüdischen Tradition sehr gut auskannte, sondern auch mit der griechisch-hellenistischen Lebensweise und ihren Philosophien vertraut war. Er muss Mitglied der jüdischen Diaspora in Ägypten gewesen sein, vielleicht sogar in der großen jüdischen Gemeinde in Alexandria. Hier verortet auch die überwiegende Mehrheit der Wissenschaftler den Entstehungsort des Weisheitsbuchs. Eine genaue Datierung des Buchs ist nur schwer möglich. Anhand des aus den Texten indirekt zu erschließenden „geistigen Klimas“, welches in Alexandria zwischen Ägyptern, Griechen, Römern und Juden herrschte, und anhand sprachlicher Hinweise, legt sich eine Datierung in einem Zeitraum vom letzten Drittel des 1. Jh.s v. Chr. bis zum ersten Drittel des 1. Jh.s n. Chr. nahe.

Inhalt

Als Werbeschrift richtet sich das Weisheitsbuch sicherlich zunächst an die Jugend der jüdischen Oberschicht (Innenperspektive). Sie stehen in der Gefahr, ihre jüdische Identität zu verlieren, indem sie die jüdische Tradition gegen die griechisch-hellenistische Lebensweise mit all ihren Konsequenzen im moralischen und religiösen Bereich eintauschen. Insofern dient das Weisheitsbuch der eigenen Glaubensvergewisserung in Zeiten, wo der überlieferte jüdische Glaube nicht zuletzt aufgrund von gewalttätigen Einflüssen von außen (Anfeindungen durch die griechische und ägyptische Stadtbevölkerung) um sein Überleben kämpft. Diese lebensnotwendige Glaubensvergewisserung geschieht nicht in Form einer (polemischen) Abschottung, sondern mit Hilfe griechisch-hellenistischer Begrifflichkeit werden überlieferte jüdische Glaubensinhalte neu in die Denk- und Lebensgewohnheiten einer multikulturellen Großstadt übersetzt, ohne dass dabei die jüdische Identität verloren geht. Insofern stellt das Weisheitsbuch ein gutes Beispiel für die Inkulturation dar, die nicht nur die eigene jüdische Identität sichert, sondern für sie auch wirbt. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass sich das Weisheitsbuch auch an nichtjüdische Mitglieder der alexandrinischen Oberschicht wendet, die sich für die jüdische Religion interessieren und eine Konversion nicht ausschließen (Außenperspektive).
Theologische Themen, die im Weisheitsbuch ausführlich behandelt werden, sind die Gerechtigkeit (vgl. den programmatischen Aufruf in Weish 1,1), Tod und Unvergänglichkeit, die personifizierte Weisheit und ein profilierter Monotheismus (Ein-Gott-Glaube) in Abgrenzung zur Götter- und Göttinenwelt der alexandrinischen Metropole.